PI JAYS DOLCE VITA 2012 |
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Donnerstag |
Wenn ich früh aufstehen muss, weiß ich, dass ich Urlaub habe - aber
diesmal musste ich so früh raus, dass ich fast zu der Zeit aufgestanden
bin, zu der ich normalerweise ins Bett gehe. Aber wir wollten am späten
Vormittag bereits in Bologna sein, also half alles Klagen nicht. Um kurz
nach elf Uhr erreichten wir tatsächlich la Grassa - die Fette - wie
Bologna wegen seines guten Essens genannt wird. Kein sehr
schmeichelhafter Name, der sich aber als zutreffend erweisen sollte,
doch dazu später mehr. Zum Glück ist die Stadt nicht so riesig, dass man
den ganzen Tag braucht, um die Höhepunkte zu besichtigen, aber
wunderhübsch. Auffällig sind die vielen Arkaden (37,5 km lang), die ein
angenehmes Flanieren ermöglichen. Erstaunlicherweise begegneten uns
mehrere Menschen mit Lorbeerkränzen auf dem Kopf - entweder die neueste
Frühjahrsmode oder heute war der Tag des Poeten, und keiner hat uns
Bescheid gesagt. Beeindruckt waren wir von den letzten
Geschlechtertürmen der Stadt, die uns an San Gimignano erinnerten, wo
wir das letzte Mal Station gemacht hatten. Sie waren schiefer als der
berühmte schiefe Turm in Pisa (vermutlich eine weitere, vergangene
Modeerscheinung) und erinnerten uns an die Twin-Towers in New York.
Bevor wir unsere Reise schließlich fortsetzten, nahmen wir noch ein
vorzügliches Mittagessen in einem kleinen Restaurant ein, das ansonsten
nur von Einheimischen frequentiert wurde. Die Verständigung war nicht
einfach, eine englische Karte gab es nicht, was der Bestellung etwas
Abenteuerliches verlieh, aber die Speisen waren vorzüglich. Natürlich
bestellten wir das berühmte Ragout, bei uns besser als Bolognese
bekannt, das man aber auf keinen Fall mit Spaghetti essen sollte,
sondern mit Tagliatelle. Nebenbei bemerkt, die Küche der Stadt ist
nichts für Vegetarier, denn selbst der Salat wurde mit einer Menge
Schinken serviert, wie es auch kein Gericht auf der Speisekarte gab, in
dem kein Fleisch vorkam. Solchermaßen gestärkt ging es weiter gen
Süden. Wir erreichten unser Ziel leider erst nach Einbruch der
Dunkelheit, so dass wir die herrliche Aussicht nicht mehr bewundern
konnten, waren aber auch viel zu müde dafür. Ein kleiner Imbiss und ein
Plausch mit unserer Gastgeberin, dann fielen wir todmüde ins Bett.
Bologna: auf der Piazza Maggiore, Twin Towers des Mittelalters |
Freitag |
Ungefähr zehn Stunden Koma später waren wir bereit für einen neuen,
aufregenden Tag. Die Sonne schien auf die sieben Hügel Roms herab, die
vor unseren Füßen lagen wie ein prächtiger Teppich. Noch vor dem
Frühstück unternehmen Mark G. und ich einen kleinen Spaziergang, herzten
die Hunde und halfen, die drei sardischen Esel zu füttern, die hier "zur
Dekoration" herumlaufen. Endlich fielen Stress und Hektik der letzten
Monate von uns ab - wir waren im Urlaub. Um neun Uhr genossen ein
ausgiebiges Frühstück auf dem Balkon und schmiedeten Pläne für den Tag.
Wir entschieden uns für ein leichtes Besichtigungsprogramm und fuhren zu
dem ca. eine Stunde entfernte Bosco Sacra (Heiligem Wald) oder auch
Parco dei Monstri (Park der Ungeheuer) genannt, der von einem Adeligen
Mitte des 16. Jahrhunderts angelegt worden war. Hier tummeln sich
allerlei in Stein gehauene Fabelwesen, daneben gibt es aber auch ein
schiefes Haus (was sonst?), ein Mausoleum und diverse Skulpturen. Sehr
nett. Zufällig erhielten wir einen italienischen und einen englischen
Plan für die Anlage, die erstaunlicherweise nicht identisch waren. Auf
der italienischen Karte waren gleich zwei Attraktionen mehr verzeichnet,
was uns vermuten ließ, dass den Einheimischen mehr für ihr Geld geboten
wird oder sie die aktuelleren Pläne bekommen... Viel hat sich in den
letzten Jahren nicht verändert. Poli hat einen Parkplatz mehr als
früher, die Fresken im Palazzo dei Conti sind frisch renoviert, und die
nubischen Königinnen wurden ausgetauscht. Früher gab es ein paar
enthusiastische unter ihnen, die neckisch mit dem Po wackelten, die
heutige Mannschaft hockt dagegen meist nur trübsinnig auf einem
Campingstuhl oder streckt einem lustlos das (teils nackte) Hinterteil
entgegen. Hat irgendwie etwas Trauriges. Auf dem Rückweg hielten wir
noch kurz in Tivoli, um ein paar Kleinigkeiten zu kaufen. Als wir dann
wieder nach Poli fuhren, gerieten wir prompt in eine Polizeisperre und
wurden rausgewunken. Natürlich sprach der Polizist kein Englisch und
amüsierte sich köstlich über unsere Versuche, mit
Speisekarten-Italienisch, Spanisch und Englisch zu erklären, warum wir
keine Fahrzeugpapier bei uns hatten. Die Strafe dafür beträgt, so wissen
wir nun, 39 Euro, aber der Beamte war so nett, sie uns zu erlassen. Gibt
also doch nette Polizisten hier, obwohl sie mit Vorliebe Touristen
anhalten und die Einheimischen, die mit überhöhter Geschwindigkeit
fahren oder sich nicht an die Fahrbahnbegrenzungen halten, ungeschoren
davonkommen lassen. Wieder auf San Angelo erwartete uns ein
köstliches Mahl aus selbstgemachten Ravioli mit Ricotta und Spinat
gefüllt sowie einem spritzigen Frascati. Anschließend bemühten wir uns,
ein Kaminfeuer zu entzünden, was ohne Anmachholz keine leichte
Angelegenheit ist. Zum Glück (für uns) hat Young Mr. Smith mit
Heuschnupfen zu kämpfen und somit jede Menge benutzte
Papiertaschentücher übrig, durch die es uns am Ende gelang, ein hübsches
Feuerchen zu entfachen. Dazu ein Tee, ein gutes Buch und klassische
Musik - so kann man einen Abend auch mal beschließen.
Frühstück auf San Angelo in den Bergen vor den Toren Roms
Pi Jay, der Tierfreund
Skulpturen im Bosco Sacra
Pi-Jay auf Pina Bausch' Spuren
Jay-Dee, Young Mr. Smith & Pi-Jay in Poli |
Samstag |
Der Tag begann mit einem Streich unseres Hausgeistes, der in der Nacht
versucht hat, Mark G.s Computer zu starten, aber zum Glück nicht das
Passwort knacken konnte (vermutlich überfordert das einen
mittelalterlichen Klosterbruder). Nach einem ausgiebigen Frühstück
fuhren wir mit dem Wagen nach Rom, was selbst an einem verkehrsarmen
Samstag kein leichtes Unterfangen ist. Auf unser Navi war leider auch
kein Verlass, denn die gute Fee meinte mitten im dichtesten Stadtverkehr
plötzlich: Ziel erreicht. Auf der Heimfahrt war sie noch verwirrter,
fand den Weg zur Autobahn nicht, löschte unterwegs das Ziel und
schaltete sich dann ganz ab, um bei der Einfahrt in den heimischen Hof
noch trotzig zu verkünden: Ziel erreicht. Da saß der Geist wohl in der
Maschine... In Rom konzentrierten wir uns vor allem auf die Umgebung
des Bahnhofs Termini. Zuerst ging es zu Santa Maria della Vittoria, um
uns Berninis Verzückung der Heiligen Theresa anzusehen, dann besuchten
wir erneut Michelangelos Kirche in den Diokletianthermen, die uns
vergangenen Herbst bereits begeistert hatte, und das gleichnamige
Museum. Zu letzterem gehören auch der Palazzo Massimo und der Palazzo
Altemps mit ihren herrlichen Skulpturensammlungen. So wurde es ein Tag,
der ganz und gar der Kunst der Antike gewidmet war. Bevor es zurück
auf den Berg ging, unternahmen wir noch einen Spaziergang durch das
nächtliche Rom, in dem der Frühling schon für ausgelassene Stimmung
sorgte. Selbst der kurze Regenschauer am Nachmittag fiel da nicht mehr
ins Gewicht. Ein wunderbarer Tag.
Rom bei Nacht |
Sonntag |
Heute war ein Faulenzertag. Muss ja auch mal sein. Mark G. und ich
blieben auf San Angelo, während unsere Begleiter Tivoli und Palestrina
unsicher machten (vor allem die antiken Stätten, die wir schon kennen).
Statt Trümmer anzugucken, liefen wir mit den Hunden um den Berg, fläzten
uns im Schaukelstuhl auf einem der Balkone und lasen oder lösten Sudokus.
Am späten Nachmittag kochten wir für alle Salzbraten und Kartoffelsalat
und erlebten dabei das einzige berichtenswerte Abenteuer. Auf dem Weg
zum Brunnenhaus, um die Kartoffeln zu holen, zog ein Gewitter auf. Die
beiden Hunde, die sonst immer draußen sind, bekamen Angst und wollten
ins Haus. Ich versuchte, sie daran zu hindern, was mit einer Schüssel
Kartoffeln in der Hand nicht einfach ist. Die Hunde gewannen und waren
ruckzuck in der Stube, wo sie sich vor dem Kachelofen niederließen und
allen den Weg versperrten. Anfangs war ihnen noch etwas unwohl, aber der
Donner hörte bald auf, und dann hörte man die beiden selig schnarchen...
Das Abendessen wurde stilecht im großen Saal eingenommen, und dann
gingen wir zeitig zu Bett, denn am nächsten Tag wollten wir früh
aufstehen. |
Montag |
In der Nacht musste unser Hausgeist uns natürlich wieder einen Streich
spielen: Um 1:16 Uhr gab es im Zimmer einen lauten Knall, als hätte
jemand eine Spielzeugpistole abgefeuert oder eine Knallerbse auf den
Boden geschleudert. Eine Ursache dafür war trotz intensiver Suche nicht
auszumachen, es muss also das Gespenst gewesen sein, das sich noch nicht
auf die Sommerzeit umgestellt hat. Oder die beleidigte Frau aus unserem
Navi. Im Morgengrauen gab es eine schnelle Tasse Tee und ein Stück
Crostata (eine Art Linzer Torte), und dann ging es los. Erster Halt:
Herculaneum, das auch beim zweiten Mal sehenswert ist. Leider waren
viele Häuser gesperrt und konnten nicht besichtigt werden, aber
anschließend fuhren wir ja noch weiter nach Pompeij, so dass wir
reichlich Häuserruinen und Fresken zu sehen bekamen. Auch hier waren
etliche Attraktionen geschlossen, was man aber erst erfährt, wenn man
meilenweit dorthin gelaufen ist, dennoch war es höchst beeindruckend und
bot einen interessanten Einblick in die römische Kultur und Lebensweise
- auch wenn nach einige Stunden alle Ruinen irgendwie gleich aussahen...
Gegen Abend erreichten wir Paestum, die Tempelruinen waren jedoch
bereits geschlossen. Unsere Suche nach einem Restaurant gestaltete sich
schließlich zu einer wahren Odyssee, denn fast alle Etablissements
öffnen erst Anfang April, wenn die Hauptsaison beginnt. Nach langer
Suche fanden wir schließlich einen Gastwirt, der sein Haus zwar bereits
geschlossen hatte, aber noch mit ein paar Freunden auf der Terrasse saß
und plauderte. Wir müssen wohl recht hungrig ausgesehen haben, denn er
hat uns zuliebe noch einmal geöffnet und uns leckere Gnocchi und Tomaten
mit dem im Umland produzierte Mozzarella serviert. Unser Hotel bot
einen nostalgischen Blick zurück auf die 1980er Jahre, obwohl es in
einem guten Zustand war. Leider war in den Zimmern neben dem unseren
eine Schulklasse einquartiert, die recht lange herumlärmte (italienische
Schüler übertreffen ihre deutsche Kollegen locker um einige Dezibel) und
mit den Türen schlug. Weil sie durch den Lärm schwergehörig geworden
sein mussten, riefen sie sich gegenseitig auf den Zimmern an, verwählten
sich aber ständig und erwischten unsere Nummer. Zum Glück waren wir so
müde, dass uns das alles nicht gestört hat.
Ruinen-Hoppen in Herkulaneum...
...und Pompeii |
Dienstag |
Livrierte Kellner servierten uns ein leckeres Frühstück, das immerhin so
weit auf den deutschen Gaumen zugeschnitten war, als dass uns Schinken und
Käse gereicht wurden. Dazu grüner Tee, und für mich war der Tag
gerettet. Die griechischen Tempel strahlten herrlich im Morgenlicht und
lohnten auch den zweiten Besuch. Da wir recht flink waren, konnten wir
die vielen Schulklassen abhängen, die lärmend von einem Bauwerk zum
nächsten zogen. Bald lag Paestum hinter uns, und wir kurvten die
italienische Riviera entlang. Der Wettergott war uns mehr als
wohlgesonnen, denn zum strahlendblauen Himmel gab es Sonne satt. Das
Meer schimmerte tiefblau, die Städtchen mäanderten auf pittoreske Weise die
steilen Hänge hinauf, und die schlechten italienischen Autofahrer
sorgten für das richtige Quäntchen Gefahr und Abenteuer. Unterwegs
hielten wir in Cetera, einem netten Fischerhafen, in dem dummerweise ein
Markt auf dem Parkplatz abgehalten wurde, auf dem wir zu halten
gedachten (natürlich wies kein Schild auf diesen Umstand hin), so dass
wir mitten durch eine belebte Gasse mit Ständen links und rechts fuhren
- und das gleich zwei Mal, denn wir mussten irgendwann umdrehen. Dabei hätten
wir locker durchs offene Fenster einkaufen können, so eng war es.
Nach Ravello ging es hoch hinauf in die Berge. Richard Wagner hat sich
hier sehr wohl gefühlt, und man kann es gut verstehen, denn die Aussicht
auf die Bucht ist grandios. Wir aßen ein kleines, durchschnittlich
gutes, aber überdurchschnittlich teures Eis, bevor wir uns wieder auf
den Weg machten. Inzwischen waren wir tief im Land der Zitronenbäume
angekommen und bekamen überall Likör aus denselben angeboten. Man muss
die Läden, die noch etwas anderes als Touristen-Schnickschnack
verkaufen, direkt mit der Lupe suchen, und wir waren froh, dass die
Hochsaison noch nicht begonnen hat. Dass Amalfi einmal 50.000
Einwohner hatte (heute sind es 5.400), kann man sich kaum noch vorstellen, wenn man die
schmalen Hänge betrachtet, auf denen sich die Häuser und Gärten wie
Vögel auf der Stromleitung zusammenquetschen. Wo hatten die nur alle
Platz damals? In den 1960er Jahren war die Stadt total in - und hat sich
leider nicht so recht davon erholt. Hübsch ist sie nach wie vor, aber
durch den Massentourismus verdorben. Überall Touristenmenüs und Souvenierläden, dazu Boutiquen und Kunstgewerbegeschäfte. Das Parken war
mehr als doppelt so teuer wie in Ravello, aber dafür gab es ein besseres
(Zitronen-)Eis. Der letzte Zwischen-Stopp war Positano, in dem die
Hänge noch steiler und die Häuser noch mehr übereinander gestapelt sind.
Wir suchten uns einen Parkplatz und liefen zur Kirche, die als
wichtigste Sehenswürdigkeit gilt. Dazu mussten wir 331 Stufen
hinabsteigen - und
später natürlich wieder rauflaufen. Wer hier lebt, muss die Kondition
eines Hochleistungssportlers haben. Leider waren alle Restaurants noch
nicht geöffnet, so dass wir ohne Abendessen weiter nach Sorrento fuhren,
unser Ziel des Tages. Inzwischen war mir nach so vielen gefahrenen
Serpentinen ein wenig flau im Magen, ein Gefühl, dass durch die
Rush-Hour in Sorrento noch verstärkt wurde. Die Stadt hat nur 17.000
Einwohner, aber alle waren an diesem frühen Abend unterwegs und
versuchten, uns von der Straße zu drängen. Unser B & B besaß leider
keinen eigenen Parkplatz, so dass wir zuerst ein Parkhaus finden und
dann mit unserem Gepäck zu unserer Unterkunft laufen mussten. Ein
riesiges Zimmer und eine überaus freundliche Wirtin empfingen uns, die
uns gleich den Weg zu einem netten Bistro wies. Dort versorgte uns ein
witziger Kellner mit lokalen Leckereien: Ich hatte Pennette Boscaiola,
die wahnsinnig gut waren, und Taglieri - eine Art Brotzeit aus Käse mit
Beilagen. Dazu gab es zwei Sorten roter Marmelade, die mit Chili bzw.
Rosmarin aromatisiert waren. Sehr lecker. Am Nebentisch saß ein Beispiel
für den Untergang der abendländischen Kultur: Eine Reisegruppe aus sechs
Leuten hatte sich dort niedergelassen und schwieg sich an, da jeder mit
seinem iPad oder BlackBerry beschäftigt war. Ja, typisch für die junge
Generation könnte jetzt sagen - nur waren die Damen und Herren alle
deutlich über Fünfzig...
Immer wieder eine Reise wert: Die griechischen Tempelanlagen in Paestum
Motive ohne Ende entlang der Amalfi-Küste...
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Mittwoch |
Nach einem typisch italienischen Frühstück (süße Hörnchen mit
Marmelade), das uns einer Diabetes-Erkrankung wieder ein Stück näher gebracht hat,
fuhren wir - bis auf Mark G., der arbeiten wollte - mit der Fähre nach
Neapel. So eine Bootsfahrt ist ja immer ein Erlebnis, vor allem wenn es
so windig ist wie an diesem Tag. Mir rutschte ein Müsliriegel aus der
Tasche und wurde sofort weggeweht. Zum Glück hielt Young Mr. Smith ihn
mit seinem Gesicht auf... Die Haare zerzaust, kamen wir in Neapel an
und stellten alle drei fest, dass uns die Stadt nicht sonderlich zusagt:
Zu laut, zu steil, zu dreckig, lautete unser vorschnelles Fazit. Auf der
Suche nach dem Archäologie-Museum stolperten wir von einer dunklen Gasse
in die nächste. Leider hatten wir keinen besonders genauen Stadtplan, aber am
Ende fanden Mr. Smith und Jay-Dee das Ziel mühelos, während ich mich auf
einen kleinen Abstecher zu den bekanntesten Gotteshäusern begab, die
bekanntlich alle um zwölf Uhr schließen, und beinahe in den
Straßenschluchten verloren gegangen wäre. Mit einigen Problemen fand ich
zwar die richtige Straße, aber erst beim zweiten Anlauf die gesuchte
Kirche, die sich kaum von den sie umgebenden Häusern unterschied. Selbst
den Dom habe ich zunächst übersehen, weil er ein Stück zurückgesetzt
liegt, komplett von Häusern eingequetscht wird und nicht einmal über
einen hohen Turm oder eine bemerkenswerte Kuppel verfügt, die weithin
sichtbar wäre. Kurz vor "Ladenschluss" kam ich noch an, war aber doch
ein wenig enttäuscht. In Rom hätten es selbst die großen Kirchen kaum in
den Reiseführer geschafft, obwohl sie bei genauerem Hinsehen doch ganz
hübsch sind. Die Neapolitaner scheinen ihr Geld lieber für andere Dinge
auszugeben. Für Häuser und Kirchen anscheinend nicht und für eine
gescheite Beschilderung schon mal gar nicht. Das Museo Archeologico Nationale
ist dafür absolut sehenswert und verfügt über atemberaubende Statuen und
Fresken aus der Antike. Ganze drei Stunden habe ich dort zugebracht und
mich keine Sekunde gelangweilt. Auf dem Rückweg war ich dann mit Neapel
schon beinahe wieder versöhnt. Immerhin habe ich (auf der verzweifelten
Suche nach dem richtigen Weg) ein paar nette Leute getroffen, die sehr
hilfsbereit waren, auch wenn keiner Englisch konnte und mir gleich seine
komplette Lebensgeschichte erzählen musste. Unterwegs sah ich einige
altertümliche Werkstätten, die im Halb-Souterrain untergebracht waren
und in denen Kronleuchter oder Beschläge hergestellt wurden. Irgendwie
malerisch, aber auch ein wenig rückständig. Sorrento hat uns dafür
sehr viel besser gefallen. Unsere Wirtin empfahl uns ein weiteres,
diesmal schickeres Restaurant, das ausgezeichnetes Essen anbot. Unser
Kellner sprach relativ gut Deutsch, sagte aber fast ausschließlich
"wundervoll". Zur Begrüßung gab es ein Glas Prosecco für jeden, das
jedoch wie das Brot und jede andere vermeintliche Aufmerksamkeit in
Italien auch teuer bezahlt
werden musste. Als Vorspeise gab es leckere Pasta mit Fisch-Variationen:
Muscheln, Tintenfisch, Shrimps und einen kompletten kleinen Fisch, der
wie ein Drache aussah und mehr Gräten hatte als ein Igel Stacheln. Mark
G. verputzte danach noch Salat und ein Steak in
Balsamico-Sauce, während ich es bei einem riesigen Salat beließ. Zu
diesem gehörten Croutons, die jedoch größer waren als manche
italienische Brötchen. Im Grunde hatte ich ein halbes Vollkornbrot in
meiner Schüssel... Pappsatt und sehr zufrieden kehrten wir in unser B
& B zurück und fielen sofort in Tiefschlaf (oder Fress-Koma).
Neapel (ganz rechts mit Vesuv im Hintergrund) |
Donnerstag |
Direkt unter unserem Fenster befand sich eine Eisdiele, in der bis spät
in die Nacht Hochbetrieb herrschte. Neugierig geworden, probierten wir
kurz vor unserer Abreise noch ein paar Sorten und waren sehr zufrieden.
Das bisher beste Eis in Bella Italia - und wir müssen wieder abreisen...
Unterwegs gab es nur einen Zwischenstopp, um die knapp dreistündige
Fahrtzeit aufzulockern: der Vesuv. In endlosen Serpentinen (schon
wieder) ging es hinauf, wobei wir die eine oder andere Begegnung mit
einem Reisebus hatten, der wieder hinunter wollte. Auf der engen Straße
nicht so einfach. Nachdem wir Parkplatz und Eintritt bezahlt hatten,
machten wir uns auf den Aufstieg. Der Boden ist mit feinen Kies bedeckt,
der bei jedem Schritt Staub aufwirbelt, aber der Ausblick von der Spitze
lohnt die Anstrengung. Meilenweit kann man die Bucht von Neapel mit
ihren Ortschaften überblicken und versuchen, die Ruinen von Pompeij zu
finden. Am Kraterrand selbst wimmelte es nicht so sehr von Touristen, da
die meisten zu faul sind, ein Stück weit den Vulkan zu umrunden und nur
bis zum ersten Aussichtspunkt laufen (einige von ihnen sogar nur in
Flip-Flops, was schon fast lebensgefährlich ist). Staubbedeckt
kehrten wir schließlich zum Wagen zurück und fuhren "heim" nach Poli, wo
uns ein köstliches Abendessen erwartete. Danach gönnten wir uns den
Luxus eines Kaminfeuers, während über dem Meer die Sonne versank.
Es raucht, es zischt, zu sehen ist nischts - der Vesuv
Sonnenuntergang auf San Angelo |
Freitag |
Ein letzter Abstecher nach Rom (wieder ohne Mark G.). Diesmal nahmen wir
den Bus, was immer ein kleines Abenteuer ist, und durch den Stau auf der
Autobahn brauchten wir fast anderthalb Stunden, bevor wir an der Station
Mammolo ankamen. Weiter ging es mit der U-Bahn zur Basilika San Paolo
fuori le Mura, wo der Apostel Paulus begraben ist,, während Mr. Smith
und Jay-Dee einen Abstecher in einen Comicladen machten. Die Kirche ist
gewaltig und wunderschön, ganz besonders der Kreuzgang mit seinen
zierlichen, bunten Säulen. Anschließend standen die Kapitolinischen
Museen auf dem Stundenplan, die zwar über hervorragende
Ausstellungsstücke verfügen (der Sterbende Gallier oder der
Dornauszieher zum Beispiel), die aber gegenüber Neapel oder auch dem
Palazzo Massimo nicht so gut arrangiert oder ausgeleuchtet sind. Durch
eine Ausstellung waren viele Räume zudem verdunkelt und mit Schautafeln
vollgestellt, so dass wir nicht einmal alle Kunstwerke sehen konnten.
Trotzdem war es ein ganz besonderer Genuss. Für diesen Aufenthalt haben
wir allerdings mehr als genug Kunst gesehen... Am Nachmittag ging es
wieder zurück. Im hiesigen Gemüseladen holten wir noch den Spargel fürs
Abendessen (es ist immer wieder erstaunlich, wie weit man mit einem
halben Dutzend Wörter Italienisch kommt), und den Abend verbrachten wir
wieder vor dem offenen Kamin. Daran könnte man sich glatt gewöhnen.
Kreuzgang von San Paolo, Frühling auf dem Capitol |
Samstag |
Da uns morgen eine anstrengende Rückfahrt bevorsteht, wollten wir es
uns heute gemütlich machen und blieben auf dem Berg. Am Abend waren wir bei
guten Freunden unserer Gastgeberin zum Essen eingeladen, die wir vor
dreieinhalb Jahren bereits kennengelernt hatten. Es gab vorzügliche
italienische Hausmannskost mit einer Spargel-Frittata und in Bierteig
gebackenen Artischocken als Vorspeise, gefolgt von Rigatoni mit Schinken
und noch mehr Spargel (allerdings nicht der übliche grüne, sondern ein
sehr dünner, wunderbar aromatischer Wildspargel, der dort praktisch
überall wächst und hierzulande nur für den Preis eines Kleinwagens zu
bekommen ist). Als Hauptgericht wurde - gewissermaßen ein italienischer
Gruß an den deutschen Gaumen - ein zarter Rinderbraten mit Soße und
Rosmarinkartoffeln serviert. Die traditionelle Colomba, ein Osterbrot,
hatte dann leider keinen Platz mehr in unseren Mägen, aber die hatten
wir auch schon am Nachmittag gekostet. Dazu wurden Weiß- und Rotweine
aus eigener Produktion gereicht sowie köstliche eingelegte Oliven (und
ich hasse normalerweise Oliven). Zuletzt durften wir diverse Liköre
probieren, darunter einen selbstgemachten Limoncello. Nach so viel
Alkohol waren wir alle ziemlich aufgekratzt und bester Stimmung, da
spielten auch die Sprachbarrieren keine Rolle mehr, und wir hatten eine
Menge Spaß. Böse Zungen behaupten sogar, dass meine Aussprache
alkoholbedingt etwas gelitten habe, aber das weise ich entschieden
zurück. (Anmerkung von Mark G.: Er hat mich tatsächlich Markuth
(englisches t-age) genannt...).
Der Hund hat wirklich nur gegähnt... |
Sonntag |
Nach einer viel zu kurzen Nacht machten wir uns noch vor dem
Morgengrauen schweren Herzens auf den Heimweg. Die Zeit in Italien war
wieder einmal viel zu schnell vergangen. Unterwegs hielten wir in
Modena, um uns die Stadt anzuschauen und eine Kleinigkeit zu essen.
Überall trafen wir dabei Menschen, die mit Olivenzweigen aus der Kirche
kamen - schließlich war Palmsonntag - und vereinzelt sogar auf dem
Vorplatz der Kirche sangen. Sehr lange blieben wir aber nicht in Modena,
denn es begann leicht zu regnen. Ein bisschen kam es uns so vor, als
würde sogar der Himmel unsere Abreise beweinen, aber wir versprachen
uns, eines Tages wiederzukommen...
Der Dom von Modena |
LA DOLCE VITA 2012 |