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Corner vom November 2011

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18. Dezember 2011

 

3+

Anonymus

Edward de Vere (Rhys Ifans) ist reich, mächtig und gebildet, ein ehemaliger Günstling von Elizabeth I. (Vanessa Redgrave) und ein Poet, der viele Jahre lang Stücke geschrieben hat. Als Adeliger darf er sie nicht veröffentlichen, aber er weiß, dass Worte viel bewirken können und die Feder mächtiger sein kann als das Schwert. So schaltet er den Autor Ben Jonson (Sebastian Armesto) ein und vertraut ihm seine Werke an, um die öffentliche Meinung in den Intrigen um die Thronfolge zu beeinflussen. Doch anstatt seiner gibt sich plötzlich der Schauspieler William Shakespeare (Rafe Spall) als Verfasser aus.

Mit dem Vorspiel im Theater macht Roland Emerich sofort klar, dass alles reine Fiktion ist, ein Spiel mit den Fakten und der Vorstellung: Der historische Shakespeare hatte Kinder, die des Schreibens und Lesens unkundig waren, er hinterließ nicht einmal Bücher, und keines der noch existierenden Original-Schriftstücke mit seinen Werken scheint in seiner Schrift verfasst worden zu sein. Die Vermutung, ein anderer habe „Romeo und Julia“ oder „Hamlet“ verfasst, liegt also nahe.

Im Mittelpunkt der Ereignisse steht Edward de Vere, von Rhys Ifans eindrucksvoll verkörpert, dessen Lebensgeschichte in zahlreichen, verschachtelten Rückblenden aufgerollt wird. Es ist eine tragische Geschichte, die von seiner unglücklichen Liebe zu Elizabeth I. (in jungen Jahren von Redgraves Tochter Joely Richardson gespielt) handelt, die an den Intrigen des Höflings William Cecil (David Thewlis) scheitert. Alt und verbittert, wird Edward schließlich in den Streit um die Nachfolge auf dem Thron hineingezogen und mit einigen grausamen Wahrheiten konfrontiert.

Hätten sich Emmerich und sein Drehbuchautor John Orloff allein darauf konzentriert, wäre ein spannendes, teilweise auch anrührendes Drama herausgekommen, das am Ende zwar weit übers Ziel hinausschießt und so tragisch endet, dass eine griechische Tragödie dagegen wie ein Lustspiel wirkt, aber es wäre der bessere Film gewesen. Denn die Geschichte handelt nicht nur von Edward und den Intrigen um den englischen Thron, sondern auch von Shakespeare, Jonson und – am Rande – von Christopher Marlowe und deren Eifersüchteleien und vielem mehr. All diese Handlungsstränge und Figuren verwirren oft und lenken von der Hauptgeschichte ab, die viel interessanter ist, aber immer wieder ins Hintertreffen gerät. Und hätte Emmerich seinen Shakespeare nicht als arroganten Halbanalphabeten dargestellt, wäre ihm vermutlich auch viel Kritik erspart geblieben.

So bleiben beeindruckende Bilder vom elisabethanischen London, wunderschöne Kostüme und einige herausragende, schauspielerische Leistungen. Vielleicht könnte man aus dem Film eine Fernsehserie machen, Stoff hätte der Autor mehr als genug.

3+

Outlander

Im frühen Mittelalter stürzt ein Raumschiff in Skandinavien ab, an Bord der menschliche Astronaut Kainan (James Caviezel) und ein Monster, das sich dort versteckt hatte, nachdem es eine Weltraum-Kolonie inklusive Kainans Familie ausgelöscht hatte. Schon bald macht das Ungeheuer Jagd auf die ansässigen Wikinger, und Kainan, der widerwillig und unter Protest geduldete „Außenländer“ schließt sich ihnen an, um es zur Strecke zu bringen.

Wer Cowboys und Aliens für einen gelungenen Genre-Misch hält, sollte sich diesen nahezu unbekannten Film aus dem Jahr 2008 nicht entgehen lassen. Eine interessante Grundidee und eine spannende Geschichte, die ein wenig an Der dreizehnte Krieger erinnert, ganz ordentliche Effekte und eine Backstory, die sogar eine kleine, moralische Botschaft beinhaltet, heben den Film über den Durchschnitt hinaus. Lediglich das Ende fällt ein wenig ab.

3+

An Education

Jenny (Carey Mulligan) ist ein Teenager im Swinging London der Sechziger Jahre. Kurz vor ihrem Schulabschluss lernt sie den wesentlich älteren, wohlhabenden David (Peter Sarsgaard) kennen und verliebt sich in ihn. Der Kunst- und Immobilienhändler, der mit zweifelhaften Geschäften viel Geld verdient, führt sie in eine neue, elegante Welt ein. Schöne Kleider, eine Reise nach Paris – Jenny verfällt schnell Davids Verführungskünsten und beginnt, ihre Lebensplanung in Frage zu stellen. Ihre Lehrer (darunter Emma Thompson als Rektorin) sind entsetzt, ihre Eltern zunächst ebenso. Aber der charmante David versteht es, zumindest Letztere um den Finger zu wickeln. Doch Jenny erkennt – fast zu spät – dass der schöne Schein trügt.

Der Anfang ist äußerst beschwingt und unterhaltsam, Carey Mulligan eine großartige Entdeckung und Alfred Molina als ihr geiziger, ehrgeiziger Vater ungeheuer witzig. Man lässt sich mit Jenny bereitwillig verführen von dem charmanten, eloquenten David und erkennt wie sie erst nach und nach, dass sich hinter dieser heiteren Maske ein abgründiger Charakter verbirgt. Keine besonders originelle Geschichte, aber meisterhaft erzählt von Drehbuchautor Nick Hornby und wunderschön bebildert. Gegen Ende verliert der Film, der auf wahren Begebenheiten beruht, leider an Schwung und Dynamik, und auch die erwartete, große Auseinandersetzung bleibt aus, insgesamt ist es jedoch ein nachdenklich stimmender, kluger Film über die Verführbarkeit der Jugend.

3

So spielt das Leben

Holly (Katherine Heigl) führt eine gut gehende Bäckerei und hat alles, was sie sich je gewünscht hat. Um ihr Glück perfekt zu machen, fehlt ihr nur noch ein Mann, und ihre beste Freundin Alison (Christina Hendricks) stellt ihr daraufhin Eric (Josh Duhamel) vor, den besten Freund ihres Mannes, doch die beiden können sich nicht leiden. Einige Monate später sterben Alison und ihr Mann bei einem Unfall, und Holly und Eric müssen sich um deren Baby kümmern…

Unverhofft kommt oft: Die Idee, eine junge, erfolgreiche Single-Frau plötzlich für ein Kind sorgen zu lassen, ist nicht originell, bekommt aber durch den Macho, der sich mit ihr die Verantwortung teilt, immerhin eine neue Komponente. Leider ist die Geschichte etwas formelhaft erzählt und spielt sich genauso ab, wie man das von Anfang an erwartet hat, aber ein paar witzige Momente und zwei gut aufgelegte Hauptdarsteller lassen wenigstens keine Langeweile aufkommen. Nach den vielen, enttäuschenden RomComs der letzten Jahre wenigstens eine, die man sich wieder ansehen kann.

5+

Hinter Kaifeck

Fotograf Marc (Benno Fürmann) nimmt seinen kleinen Sohn mit auf eine Reise, und sie landen in dem kleinen, bayrischen Kaff Kaifeck. Vor 80 Jahren wurde hier eine Familie auf grausame Art und Weise abgeschlachtet, der Mord nie aufgeklärt. Marc träumt immer wieder vom Schauplatz des Geschehens und scheint sich dabei an Dinge zu erinnern, die er nicht wissen kann…

Die gute Nachricht ist, dass sich deutsche Produzenten seit einiger Zeit wieder an Genres wagen, die lange vernachlässigt wurden. Der Anfang dieses Gruselfilms ist auch gut gelungen, die Atmosphäre schön geheimnisvoll, die nebeldurchzogene Landschaft angenehm unheimlich. Nicht wirklich originell sind die vielen Traumsequenzen, die man tausend Mal gesehen hat und noch nie gut fand, weil sie immer ziemlich willkürlich wirken. Nach der ersten halben Stunde tritt der Film zudem inhaltlich auf der Stelle, es passiert nicht mehr viel, dafür wird umso mehr angedeutet – und dann nicht aufgeklärt. Das ist einerseits enttäuschend, aber andererseits weisen die Andeutungen auf eine Erklärung hin, die mehr als dämlich ist, so dass man froh sein kann, wenn es nicht auch noch benannt wird. Schön, dass wieder Genrefilme in Deutschland gedreht werden, schade, dass man sich dabei keine Mühe gibt.

 

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